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Ipoh.

2.2.2024, 18:00, Ipoh, Bedrock Hotel

Es geht schon wieder rund. Gestern noch „etwas“ Unruhe. Das Hotel auf Langkawi (letzte Station) konnte nicht auf die Kreditkarte zugreifen. Ich hab schon wieder, wer weiß, was für Dämonen , die mich umgetrieben haben. Alles in Ordnung - wie immer.

Pünktlich um 10:30 werden wir vom Fahrer abgeholt. Er bringt uns sicher und professionell hierher nach Ipoh. Noch ein Wort zu den Autobahnen hier. Bis weit nach Kuala Lumpur dreispurige, später nie weniger als zweispurig- pro Richtung. An den Mautstellen keine Warterei. Die Bezahlung automatisch oder mit einer Mautkarte. Warum haben wir das nicht hinbekommen? Läuft! 

Das Hotel an der Grenze zwischen Old town und New town, modern gestaltet. Eine Menge moderner Bilder überall. Das Zimmer groß. Für 68€ / Nacht inkl. Frühstück sehr ordentlich. Kein Viersternehotel, wer braucht das hier auch? Die Hauschefin, eine chinesische Malayin ist der Kracher. Sie führt uns in die Stadt Ipoh ein, die sicher schon bessere Tage gesehen hat. Zunächst lernen wir, dass Michele Yeoh in Ipoh geboren wurde und auf die gleiche Schule ging, wie Debby, die Chefin. Erster gemeinsamer Anknüpfungspunkt, wir kennen die Schauspielerin.

Früher war Ipoh eine bedeutende Zinnmine, heute eine beschauliche 600.000 Einwohnerstadt. Wir lernen mehr als die zugegeben dünnen Infos im Netz. Es erinnert etwas an unsere erste Mexiko-Reise 1987. Ein paar wenige Touristen und wenig Informationen. Wir müssen / dürfen alles selber erkunden. Also, Schuhe an und Richtung Old town. Die Gassen sind eng und nicht sehr „busy“, im Gegensatz zum Verkehr auf den großen Straßen. Dennoch keine Unsicherheiten bei uns. Wir zählen bis zur Old town keine fünf Touristen. Eigentlich fällt nur eine auf. Die Häuser sind schon etwas heruntergekommen. Eine Stadt eben, die ihre besten Zeiten hinter sich hat. Dennoch spannend vom ersten Schritt. Der Weg führt durch die Mural Street, auch eher eine Gasse. Ein Maler arbeitet auf einem wackligen Gestell an einem Werk. Er zaubert einen Drachen an eine Häuserwand. Wir kommen kurz ins Gespräch. Der Drachen als Vorbereitung für das nächste Woche beginnende Jahr des Drachen. Bilder von ihm und seinem Werk wie immer im März. Wir lassen uns treiben und stehen schon vor dem empfohlenen Buchladen, dem Book Excess. Drei Stockwerke voller vorwiegend englischsprachiger Bücher, davon viele hochkarätig und vom Stoff her nicht hierher zu verorten, z.B. ein Buch von Eli Wiesel, dem Nobelpreisträger. Der Buchladen befindet sich in einer alten Bank. Die ehemaligen Aktenregale wurden zu Bücherregalen umfunktioniert. Die alten Schließfächer belassen. Ein moderner Buchladen in etwas weniger aktueller Gegend. Und dann beginnt es doch zu regnen. Nein, es schüttet ohne Ende. Zeit, die Grab-App zu aktivieren. Sie ist das asiatische Gegenstück zu Uber. Die 10 Minuten mit dem Taxi zum Hotel kosten uns 5 Ringit - 1 Euro. Na so günstig war Kuala Lumpur nicht.

Book excess
Book excess
Mural Street
Mural Street
Mural Street
Mural Street
Durbar - das älteste Restaurant Malaysias
Durbar - das älteste Restaurant Malaysias
Guiness - frisch vom Fass. In Pint-Gläsern
Guiness - frisch vom Fass. In Pint-Gläsern

2.2.2024, 21:00, Ipoh

Wir sind einigermaßen geplättet. Da hat uns schon Debby, die Hotelbesitzerin mit ihrem Englisch, ihren Kenntnissen, vor allem mit ihrer inspirierenden Erzählung in dieser Stadt im  Nirgendwo (aus unserer Sicht) überrascht. Es sollte noch besser werden. Sie empfiehlt uns das Restaurant Durbar. Fußläufig 20 Minuten entfernt. Die Stadt ist „rotten with a specific flavor“, wir laufen an Läden und Werkstätten vorbei, die aus dem letzten Jahrhundert stammen könnten. Eine kleine Ratte kreuzt unseren Weg, Das Durbar ist das älteste Restaurant Malaysias - so wird es uns erzählt. Ganz gediegen für hiesige Verhältnisse, nicht so günstig wie Streetfood, aber ok. Erst mal ein Bier. Guiness vom Fass. Hier! Wir hätten auch ein naturtrübes Weißbier vom Paulaner haben können. Hier, in Ipoh! Das Essen ganz ordentlich. Jakobsmuscheln, Krabbencocktail, Huhn mit Kraut-, Möhrensalat; breite Nudeln mit getrocknetem Fleisch und Sprossen. Eine sehr gut aussehende, charmante, selbstbewusste Dame chinesischer Ethnie in ihren Siebzigern serviert. Wir kommen ins Gespräch. Da fängt auch sie an, Deutsch zu sprechen. Ja meint Susi, ihre Schwester sei mit einem Deutschen verheiratet, der kein Englisch kann. Da hat sie dann im hiesigen Goethe-Institut „etwas“ Deutsch gelernt. Fassungslos trinken wir auf dem Zimmer noch ein Bier.

3.2.2024, 16:00

Es ist ganz schön heiß! Und unglaublich feucht. Da reichen vier, fünf Stunden auf der Straße. Ipoh und die Menschen überraschen uns. Gestern meinte Debby die Hotelbesitzerin noch, falls wir Wein kaufen wollten, um die Ecke seien ein paar gute Weinläden. Sie könnte den Wein auch in ihrem Kühlschrank kaltstellen. Jaja dacht ich mir und sollte mich ziemlich täuschen. Es ist hier zu warm für Wein aber… als wir heute morgen in den sehr modernen, wenn auch fensterlosen Frühstücksraum kommen, nehmen wir es gar nicht richtig wahr. Der Raum ist auch Debby’s Weinkeller. In den üppigen Weinkühlschränken lagern ein paar sehr feine Tröpfchen, die heute drei- bis vierstellige Summen kosten. Alte Penfolds, Solaias, auch Bordeauxweine, über die ich nichts sagen kann.

Wir machen uns auf die Socken und laufen wieder Richtung Oldtown. Die ganze Stadt wirkt in großen Teilen heruntergekommen. Und dann taucht wieder eine kleine ultramoderne Boutique auf.Wir sind auf der Suche nach Murals von Ernest Zacharevic, der auch als der malaysische Counterpart von Banksy gilt. Die Blogs berichten mehrheitlich von seiner Arbeit in George Town. Er hat hier in Ipoh etliche feine Arbeiten hinterlassen.

Nächster Stop: Ipoh Heritage Gallery, 22 Hale Street. Ein kleines Museum über die Entwicklung der Stadt und dieses Gebäudes. Schöne Einblicke und interessante Informationen. So galt Ipoh zu seiner Hochzeit als bedeutendste Zinn-Stadt als das Mercedes-Benz Zentrum Malaysias mit dem höchsten Pro-Kopf Verbrauch an Hennessy. 

In der Concubine Lane, wie gesagt eher eine Gasse, geht es hoch her. Wir wollen Kaffee trinken. An einem Blumenladen befindet sich ein kleines Hinweisschild auf ein Café. Ein Raum hinter dem Laden, schön gekühlt, nichts los und sie servieren hier auch den Kaffee, den es angeblich nur in Ipoh gibt. Er heißt White Coffee und ist mit Kondensmilch gesüßt. Herrlich und eine kurze Auszeit von der Hitze.

Concubine Road
Concubine Road
Im Café
Im Café
Mural von Ernest Zacharevic
Mural von Ernest Zacharevic
Brüllende Hitze und die Jungs spielen Fußball. Manche in langen Hosen
Brüllende Hitze und die Jungs spielen Fußball. Manche in langen Hosen

Nach der erfolgreichen weiteren Jagd auf Murals suchen wir parallel zur Concubine Lane die kleinen Markthallen auf. Ein paar Verkaufsstände, und plan b, ein Restaurant. Ute findet einen winzig kleinen Stand, wo kleine Stoffelefanten verkauft werden. So wie sie die Stofftiere auswählt, werden wir von der Verkäuferin bzw. Herstellerin angesprochen. Sie spricht makelloses Englisch, ist unglaublich lebendig, ihre Augen blitzen vor Lebensfreude. Es entspinnt ein anregendes Gespräch über ihre Elefanten, Elefanten überhaupt, Natur, Naturschutz, ach, wir sind mittendrin im Ratschen. Cheyun ist 51 Jahre alt, hat in London studiert, dort auch ein paar Jahre im Hotelgewerbe gearbeitet. In ihren späten Zwanzigerin packt sie das Heimweh so sehr, dass sie zurückkommt. Sie arbeitet 10 Jahre in Kuala Lumpur und hat anschließend beschlossen, das Hotelgewerbe ist nichts mehr für sie, kommt nach Hause nach Ipoh und hat jetzt seit über 10 Jahren den Stand. Sie ist glücklich mit dem, was sie macht. Sie gestattet ein Portrait und ich glaube, sie sind gut geworden.

Nebenan im Restaurant plan b gibts was zu essen. Um es mal etwas drastisch zu formulieren. In der teilweise heruntergekommen Stadt landen wir in einer hippen, launchigen, topmodernen Kneipe. Und genau dieser Gegensatz macht den unglaublichen Charme von Ipoh aus.

Nachtrag, 21:00

Der Tropenguss endet irgendwann um 18:00. A bisserl was essen sollten wir doch noch. Um die Ecke ist ein Thai. Den mag sie nicht, unsere Debby. Geht zum Hill View gegenüber. Ist eine Art Hawkers. Machen wir und wieder ein Kracher. Wir nehmen ein paar Sate-Spieße. 24 Spieße aus Lamm, Huhn und Rind. Es gibt ne Menge Chinesen hier, die dürfen das. Ganze 6 € und wir sitzen draußen beim Bier und fühlen uns fast wie im Biergarten am Chinesischen Turm. Nur das Essen ist mit Verlaub besser und die Abendtemperaturen angenehmer. Sind die einzigen Nicht-Asiaten, dienen manchen zum Amüsement, fühlen uns sehr wohl. Die Spieße mit würziger Erdnuss-Sauce, ein paar Gurken und Zwiebeln. Gelungener Einstieg in Streetfood.

4.2.2024, 21:00 Bedrock Hotel

Zunächst bin ich etwas verärgert. Wir kommen nach einem tollen Tag ins Hotel zurück und checken erst mal unsere Nachrichten. Schon die zweite Meldung von booking, dass eine Kreditkarte nicht belastet werden kann und das Hotel nach 24 Stunden ohne Update stornieren kann, wir hatten das schon einmal und es ist einfach nervig. Ich hoffe, es läßt sich genau so einfach lösen, wie beim ersten Mal.

Aber jetzt zum heutigen Tag. Der Wecker klingelt schrecklich früh. Unser Fahrer steht auch pünktlich um kurz vor 8:00 vor dem Hotel. Wir hatten die Empfehlung aus Utes Reiseführer. Die Autorin war ganz begeistert über seine Fahrt von Ipoh in die Cameron Highlands. Damit kann doch davon ausgegangen werden, dass Mr. Saiful aus Ipoh stammt. Falsch gedacht! Er stammt aus Kuala Lumpur und hat schon 2 1/2 Stunden Anfahrt in den Knochen. Da bekomme ich gleich ein schlechtes Gewissen. Er beruhigt uns und fährt los. Bald verlassen wir Ipoh und fahren Richtung Berge. Hier lernen und sehen wir, dass ganze Bergketten abgetragen werden. China braucht Zement zum Bauen. Hier wird keine Rücksicht genommen. Es sieht schrecklich aus. Außerdem werden Hektar an Dschungel einfach vernichtet. 

Wir verschwinden auf gewundenen Pfaden auf hervorragenden Straßen im Dschungel. Gut, dass wir zeitig losgefahren sind, es herrscht kaum Verkehr. Nach knapp zwei Stunden Fahrt durch das Dickicht sehen wir die nächste  Umweltkatastrophe. Riesige Dschungelflächen abgeholzt, um gigantische Treibhäuser zu errichten. Erdbeeren, Gemüse, Blumen, alles, was im Land gebraucht wird, kommt von hier. Es wächst einfach besser in der Höhe. Mr. Saiful ist es sehr bewusst, dass hier Raubbau betrieben wird. In den Plantagen arbeiten wohl viele Bangladeschi. Kein weiterer Kommentar. Wir hatten uns die Cameron Highlands etwas anders vorgestellt. Soll noch kommen. Dennoch gut, zu sehen, was hier geschieht. Wir fahren durch ein paar Ortschaften, die für die hier Arbeitenden und die Touristen existieren. Teilweise kommen wir uns wie in Skiressorts der Alpen vor, nur mit deutlich weniger Luxus. Die Landschaft verschandelt. Endlich erreichen wir die erste Teeplantage. Sieht schon deutlich besser aus. Wir wissen, dass auch hierfür der Dschungel verschwinden musste. Dennoch ist es grün. Wir lernen über Tee, seine Ernte, seine Herstellung und sehen an Hängen ein paar Teepflücker. Natürlich probieren wir auch eine Tasse Tee. Ist gut, wir sind einfach Kaffeetrinker und bleiben das auch. Die Schokoladen-Muffins schmecken hervorragend. Ach ja, der Sonntags-Ausflugsverkehr nimmt langsam zu.

Mr. Saiful fährt uns jetzt eine abenteuerliche steile Bergstraße hinauf. Die meisten Fahrzeuge sind Landrover. Er kämpft sich mit ausgeschalteter Klimaanlage hoch. Auch hier wird wie früher in Italien vor engen Kurven gehupt. Ganz schön viel Verkehr. Ab und zu muß ein Fahrzeug zurücksetzen, um Platz zu machen.  Mr. Saiful macht das hervorragend. Und schon sind wir auf 2.000 Meter im Mossy Forest. Nomen Est Omen. Mitten im Dschungel in einem vermoosten Wald. Hier herauf verirren sich nicht allzuviele Touristen. Ein Holzpfad führt weiter in den Dschungel. Herrliche Aussicht. Zeit für ein Foto. Kommen drei jüngere Männer auf uns zu. Aus Spaß grüße ich mit „Servus“. Einer von ihnen: Austrian? Ich: No, Munich and you? Er mit französischem Einschlag: Berlin, seit 10 Jahren. Die drei sind Finanzer, die seit ein paar Monaten hier Remote für ihr Unternehmen in Deutschland arbeiten. Ohne Worte! 

Wir gehen zurück, genießen die Ruhe, die kühlen Temperaturen und vor allem das satte Grün des Dschungels. Was für eine Erfahrung. Der Rückweg auf dem steilen Weg geht schnell, dafür geht es auf der Hauptstraße etwas langsamer zu, da jetzt gegen frühem Nachmittag eine Menge Fahrzeuge in die Cameron Highlands zu Sonntagsausflügen kommen. In unsere Gegenrichtung herrscht Stau. Mittagspause in einem arabischen Lokal. Drei Gerichte, drei frische Eistee - 13 €. 

Mr. Saiful führt uns zu einer weiteren Teeplantage mit herrlichem Ausblick. Dann nehmen wir Abschied von den Cameron Highlands. Wir sind ja schon acht Stunden unterwegs. Unser Fahrer wählt eine andere Strecke zurück. So cruisen wir bei wenig Verkehr noch eine Stunde durch den Urwald. Letzter Stopp an einem hübschen Wasserfall, an dem ein paar malaysische Familien einen entspannten Nachmittag verbringen. Um 18:00 sind wir im Hotel. Umziehen, Bier vor dem Hotel auf einer Bank zischen lassen, Duschen, noch ein Bier genießen, etwas ärgern - siehe oben. Feierabend.

Auch der Tag will erst verdaut werden.

Treibhäuser in den Cameron Highlands
Treibhäuser in den Cameron Highlands
Mr. Saiful im Mossy Forest
Mr. Saiful im Mossy Forest
Mossy Forest
Mossy Forest
Teeplantage in den Cameron Highlands
Teeplantage in den Cameron Highlands
Teepause in den Cameron Highlands
Teepause in den Cameron Highlands
Teeplantage in den Cameron Highlands
Teeplantage in den Cameron Highlands


5.2.2024, 18:00, Ipoh

Der Anruf beim nächsten Hotel in George Town hat ergeben, dass die Kreditkarte nicht belastet werden konnte.

„No worry, you can pay when checking in“. Sollte ausreichend Beruhigung sein. 

Um 9:00 steht unser Fahrer und Guide vor dem Hotel. Für unsere Verhältnisse mit schweren Schuhen, Jeans und Hemd über dem T-Shirt. Er will „official“ aussehen. Wir fahren erst mal in eine Grünanlage, die auch als Recreation Area beschrieben ist. Es ist grün, ruhig, der große Brüller ist es nicht. Jeder hat einen frei. Anschließend zum buddhistischen Kek Look Tong Tempel, der in einer Tropfsteinhöhle liegt. Sie kommen hier häufig vor und in scheinbar jeder Höhle befindet sich ein buddhistischer Tempel. Beeindruckende Atmosphäre, sehr hohe Decken, große Ruhe und ganz wenige Touristen. Die bzw. der Tempel haben einen Hinterausgang in einen wunderschönen Park. Hier finden wir einen Weg mit Kieselsteinen gepflastert, um barfuß zu gehen. Machen wir auch, tut gut, ist jedoch das Gegenteil von angenehm. Teilweise eher schmerzhaft. Dennoch ist das Gefühl hinterher sehr gut.

Um die Ecke ein chinesischer Tempel, ebenso buddhistisch, in der nächsten Höhle. Er ist nicht ganz so aufgeräumt, dennoch sehenswert und hat auch einen Hinterausgang. Der Blick in den Himmel an den steilen, überwucherten Hängen geht hoch hinauf. Unten ein weiterer Altar und ein Schildkrötengehege. 

Mr. Saiful bringt uns zu Kellies Castle. Ist eine Ecke zu fahren. Eine große Grünanlage vor der Ruine eines englischen bzw. schottischen Schlosses. Wir bezahlen Eintritt, kommen nicht durch die Kontrolle, 50 Ringit (10 €), um die Kamera  mitzunehmen. Das ist happige, wird sich hoffentlich lohnen. Das Handy hätte vollkommen gereicht und wäre kostenlos gewesen. Die Geschichte des Schlosses ist spannender als die Überreste. Es wirkt wie ein Lost Place, wird wie sich herausgestellt, gerne zu „Prewedding Fotoshootings“ hergenommen. Deshalb auch der unverschämte Preis für die Fotoerlaubnis mit Kamera.

Ein leichter Appetit macht sich bei uns breit. Mr. Saiful bringt uns zu einem  typischen malaysischen Streetfood Hawker. Ein paar Plastikstühle, etwa dreißig unterschiedliche Gerichte in Catering Schüsseln. Alles von den Frauen seit dem frühen Morgen trotz Hitze gekocht. Wir wissen gar nicht, was wir zuerst nehmen sollen. Ein wenig Reis auf einen Teller und dann entlang der Reihen von Gerichten. Viel Gemüse, viel Geflügel, etwas Lamm, viel Fisch und Fischköpfe, Hühnerfüße, nein, keine Hühnerbeine, sondern Hühnerfüße, Hühnerleber mit Gemüse. Teilweise in Kokosmilch gekocht, teilweise scharf, wir langen kräftig zu und füllen den Teller mit uns unbekannten Gerichten:

Sprossen mit Spinat, Gurken-Ananas Salat, Gemüse und gekochtes Hühnchen für Ute,

Ich hatte auch Sprossen, würziges Huhn in Chili und Tomaten mit toller Sauce, Hühnerleber  mit Gemüse und ein mir unbekanntes Gemüse. Mr. Saiful hat ähnlich zugelangt. Dazu drei sehr gute Eistee mit Limone. Irgendwann kommt eine Dame in Kopftuch, kalkuliert irgendwas und meint nur: 28 Ringit. Ich frag nach, sie bestätigt. Das sind keine 6 € für drei Mahlzeiten und drei Tee. Die überwiegende Zahl der Gäste isst mit den Fingern. Das ist hier Tradition. Wir müssen Mr. Saiful beinahe nötigen, dass er nicht wegen uns mit Löffel und Gabel ist. Messer gibt es keine. In dem Restaurant unter Zeltdach sind überall Wasserhähne zu finden. Also er ab zum Händewaschen. Aber das Wasser nicht einmal kurz drüber laufen lassen, nein die Hände werden geschrubbt. Wir haben bislang an jedem noch so einfachen Wasserhahn Seife gehabt. Das findest Du in unserem Land nicht. Das Essen ist abartig gut. Geschmackvoll, leicht, frisch, das Gemüse knackig, würzig, wir zwei kommen ins Schwärmen. Was für ein Genuss. Zur Erinnerung: Mit Eistee keine 2 € pro Person. Am Rand des Restaurants steht ein großer Kessel, in dem Frauen abwechselnd rühren. Der hiesige „Kaugummi“ besteht aus Kokosmilch, Eier, brauner Zucker und wohl Reismehl. Die Frauen rühren den Batz mit 1,50 Meter langen Stangen vier Stunden. Wir dürfen probieren, er schmeckt ausgezeichnet. Das bisher beste Essen in Malaysia, auf der gleichen Stufe wie der Thai und der Chinese in Singapur.

Wir fahren auf die Autobahn, die uns durch die Berge führt. Sehr kurvenreich und auch so steil, dass der Wagen von Mr. Saiful ins Schwitzen kommt, er jagt ihn dennoch auf knapp 130 km/h, hier bei 90 km/h Begrenzung auf dem Stück. Nach Kuala Kangsar fahren wir knapp eine Stunde. Ein eindrucksvoller Ort mit angeblich einer der schönsten Moscheen des Landes. Wir sind etwas vor 15:00 dort. Es ist noch Gebetszeit. Wir dürfen, nachdem unser Guide nachgefragt hat, auch rein. Schuhe aus, Robe an, Ute als Frau mit Kapuze, ihr platzt fast der Schädel bei der Hitze. Wie schaffen das die muslimischen Frauen bei der Hitze nur, immer unter den schwarzen Kopftüchern in ihren schwarzen langen Klamotten? Mr. Saiful kommt nach, er will sich erst die Füße waschen, da er beten möchte. Die Moschee war den weiten Weg wert. Von außen und innen wunderschön. Innen eher schlicht. Der Raum wir durch eine Sichtwand getrennt. Auf der anderen Seite beten die Frauen. Der Wächter der Moschee fragt nach ein paar europäischen Münzen. Leider müssen wir passen, kommen so ins  Gespräch. Wo denn überall mit dem wertvollen Euro bezahlt werden kann. Überraschung, dass dies in der Türkei nicht möglich ist. Europa ist so weit weg.

Wir fahren am noch prunkvolleren Palast des Königs in diesem Sultanat vorbei. Der neue Palast sicher so groß wie Schloss Nymphenburg. Alles glänzt, wunderschöner Park. Ziel ist  der alte Palast dahinter, in dem sich ein Museum befindet. Es ist Montag, leider geschlossen. Wir müssen Mr. Saiful regelrecht beruhigen. Ist doch nicht schlimm, wir sind eh schon wieder vollgestopft mit Eindrücken. Er will wissen, was er uns noch den Sonnenuntergang um 19:30 zeigen soll. Da hat er einen schönen Platz herausgesucht. Wir schreiten ein. Er hat doch noch drei Stunden Fahrt nach Hause vor sich. Seine Frau ist nicht ganz gesund, sie braucht ihn. Genug gesehen, ab zum Hotel. Wir verabschieden uns herzlich.

Kurz darauf kommt von ihm schon der Kontakt zu seinem Freund, der uns am Mittwoch nach George Town bringen wird. Das waren zwei intensive Tage.

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Kellies Castle
Moschee in Kuala Kangsur

22:00 Nachtrag

Wir sind wieder die paar Meter zum „Kafe Best Hillsview“, einem chinesischen Hawker, gegangen. Um 18:30 sind noch nicht alle Läden offen, wir finden schon was. Vor allem einen Plastiktisch im Freien. Einfach Hinsetzen, den Tisch merken, dann hingehen, Tischnummer angeben und bestellen. Dann wird das Essen gebracht. Wieder zwei Carlsberg. Wir bestellen Claypot Chicken und Sprout (Taugeh). Verdammt lecker und ausreichend. Ohne Bier für alles keine 5 €. Gnadenlos. Wir sind wieder die einzigen europäisch anmutenden Gäste. Die Leute gewöhnen sich noch an uns. Der Regen verschont uns und wir genießen es, draußen zu sitzen. Es sind immer noch um die dreißig Grad. 

Also gehen wir zum Hotel, ratschen mit Debby. Sie muß länger warten, es kommen noch Gäste. Einer davon aus Korea. Ich frag sie wegen den Kreditkarten in Penang und wir lernen wieder was. Booking.com nimmt von den Hotelbesitzern 15% Kommission und bei Zahlungsabwicklung über Booking weitere 2,5% vom Gesamtpreis. Und letzteres sparen sich die großen Hotels. So kann ein Malheur wie bei uns schon passieren. Sie hat keinen Bock auf Mails und Anrufe, wie ich sie tätige, deshalb drückt sie die 2,5% ab. 

Debby bucht uns für morgen 11:00 zwei Tickets im Han Chin Pet Soo Museum. Da geht’s um Zinn, die Konkubinenstraße und die Reichen und Schönen hier während der Zinn-Zeit. Apropos Konkubine. Am Hotel (?) neben uns flaniert offensichtlich eine Bordsteinschwalbe. Wir sitzen auf der Bank vor dem Hotel, freuen uns über Wetter, Land und Leute und beobachten. Sie hat ihre Aufpasserin dabei, die bei einem Freier mit handelt. Irgendwann kommt ein Rollerfahrer daher und verschwindet mit der Schwalbe auf ihrem Zimmer. Grinsend berichten wir Debby. Manchmal schwirren drei Damen auf der Straße neben ihrem Hotel, was sie sehr stört. Die Polizei meint, sie könne nichts dagegen machen. Die Damen stehen ja nur rum. Dieses Land mit muslimischer Staatsreligion ist schon eigenartig.

6.2.2024, 16:00, Ipoh

Die Sonne brennt, wir verziehen uns ins Zimmer. Debby meint, das sei jedes Jahr um Chinese New Year. Sie ist bis zum Wochenende ausgebucht. Macht mich angesichts der Unsicherheit mit Penang nicht gerade ruhiger.

Heute Morgen haben wir einen Slot im Han Chin Pet Soo Museum. Der ehemalige Tin Miners Club. Die einstündige Führung mit fachkundigen Erläuterungen des Tourguides begeisternd. Die Herren haben es sich sehr gut gehen lassen und sich den heutigen vier „Todsünden“, damals (1870-1950) ganz normal, ausgiebig hingegeben.

  1. DieTriaden, heute würde man in Europa Clans dazu sagen, waren mächtige Banden. 
  2. Prostitution und Konkubinen an der Tagesordnung. Einer der Minenbosse hatte wohl vier Frauen und mehrere Konkubinen. Muß doch anstrengend sein. Viele Prostituierte kamen aus Japan, das in einer wirtschaftlichen Krise steckte.
  3. Opium, heute in der Medizin genutzt. Wir lernen, wie das Opiumzimmer im Miners Club genutzt wurde. 
  4. Glücksspiel - ein Zimmer im Haus ist / war mit mehreren Spieltischen ausgestattet, an denen die unterschiedlichsten Spiele mit hohen Wetteinsätzen gespielt wurden.

Spannend! Auf meine Frage, warum die Zinnförderung in Malaysia so stark heruntergefahren wurde, wo das Metall doch so wichtig ist und noch große Vorkommen im Land existieren, meinte der Guide nur in der typisch gelassenen Art: „You know, China is number One“. Wieder alles gesagt.

Wir nehmen das kleine Kräutermuseum nebenan auch noch mit. Nett gemacht, eher eine Außenstelle des Tee- und Pharmaunternehmen, das aus dem kleinen Laden hervorgegangen ist. Der großartige Eindruck vom Tin Miners Club überlagert den Eindruck deutlich.

Nach einer kleinen Mittagspause im plan b gegen wir durch die Concubine Lane über die Mural Lane Richtung Hotel. Hier finden wir heraus, dass die Mehrheit der schönen Werke an den Wänden von Eric Lai gemalt wurden. An dem Mural des Drachen, an dem wir am Wochenende einen der Künstler beim Malen getroffen hatten, war das Zeichen von Eric Lai gemalt. Offensichtlich haben wir den großen Meister hier angetroffen. Was für ein Zufall. Der Kunstlehrer hat die ganze Gasse bemalt. Vormals eine schäbige Hinterhofgasse, heute eine Attraktion in Ipoh.

Mr. White Coffee von Ernest Zacharevic
Mr. White Coffee von Ernest Zacharevic
Tin Miners Club
Tin Miners Club
Spieltisch im Tin Miners Club
Spieltisch im Tin Miners Club
Wie wahr!
Wie wahr!
Concubine Lane
Concubine Lane

21:00 Nachtrag

Nachdem sich das heftige Gewitter gelegt hat, gehen wir die 500 Meter in die Ecke, in der Streetfood angeboten wird. Debby hat zwei davon empfohlen. Wir wählen eine Eckkneipe aus, das Tauge „Ayam Lou Wong“. Eine Erfahrung! Eine indische Familie und sonst nur Chinesen. Das Essen so richtig chinesisch. Blechtische, Plastikstühle, lautes Geschrei, nicht unbedingt ästhetisch anmutendes Personal. Keiner spricht Englisch. Das, was wir als Eistee bestellt hatten, war entweder keiner oder er war geschmacklich so gar nicht unsere Kiste. Irgendein braunes Pfirsischform-Etwa schwimmt darin. Zu Essen nehmen wir Huhn, Fleischbällchen, Nudelsuppe und Sojasprossen. Ein typisches Essen hier in Ipoh. Es ist schwierig. Hab ich das schon gesagt? Das Essen wird in Plastikschüsseln serviert. Stäbchen und ein Plastiklöffel als Besteck, weil wir Langnasen sind, gibt es noch Blechgabel und -löffel dazu. Die ersten Bissen und Schlucke - na ja. Das Huhn ist kein Huhn wie wir malaysisch genossen haben. Es sind gekochte und mit Haut überzogene Knochenstücke. Kaum Fleisch dran. Die umliegenden Gäste schlürfen die Knochen aus und schlabbern die glitschige Haut. Lass ich liegen. Die Nudeln in der Suppe zunächst recht dünn. Die Sprossen dito. Offensichtlich sind Utes gekochte Fleischbällchen ähnlich. Gestern Mittag war um Dimensionen besser. Komischerweise essen wir uns mit der Zeit ein, der Geschmack kommt. Dennoch nehmen wir es eher als Erfahrung, denn als Genussessen. 

Ein letztes Bier auf der Bank vor dem Hotel, morgen geht’s nach Penang, sprich George Town.

Ach ja, die Reaktion des Hotels bezüglich der Kreditkarte typisch. Ich mach mir Sorgen, dass wir wegen defekter Kreditkarte und wegen Chinese New Year morgen kein Zimmer haben, sie schicken mir einen Standardtext auf Deutsch, fließendem Deutsch, wie der Checkin Prozeß abläuft. Ein wenig buddhistischer Gelassenheit täte mir auch gut.

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